Wohnen mit körperlichen Einschränkungen 

Aus dem Kühlschrank die Milch holen. Am Herd Nudeln kochen. Ein Bad nehmen. All dies sind alltäg­liche Tätig­keiten, die für Rollstuhlfahrer:innen zur Heraus­for­derung werden. Doch auch Menschen mit Lähmungen der unteren oder aller vier Extre­mi­täten müssen nicht komplett auf Hilfe angewiesen sein. Das beweist das Projekt «ParaWG» in Schenkon.
Im Kanton Luzern gibt es eine ParaWG, in der Paraple­giker und Tetra­ple­giker zwischen 17 und 27 Jahren sich auf ein selbstän­diges Leben vorbe­reiten und den WG-Alltag beüben. Zwischen sechs Monaten und drei Jahren können sie dort ein Zimmer anmieten und die dazuge­hö­rigen Gemein­schafts­ein­rich­tungen nutzen. Als Bauprofi bin ich darauf aufmerksam geworden. Ein spannendes Projekt!

Wohnen mit körperlichen Einschränkungen: Lernen von Betroffenen

Was bedeutet es eigentlich, mit starken körper­lichen Einschrän­kungen das Leben in den eigenen vier Wänden zu meistern? Als Spezialist für hinder­nis­freies Bauen und Alters­woh­nungen war ich bereits mit dem Thema betraut. Doch es ist noch einmal etwas ganz anderes, mit den Betrof­fenen selbst zu sprechen. Genau das habe ich getan. Ich bin auf das Projekt in Schenkon aufmerksam geworden und nahm mit dem Verant­wort­lichen Kontakt auf. Auf diese Weise durfte ich ein Wohnprojekt und deren Bewohner kennen­lernen, die mir einen neuen Zugang zum barrie­re­freien Bauen ermög­lichten. Die ParaWG ist eine Novität in der Schweiz und zeigt auf, was körperlich beein­trächtige Menschen zu einem selbstän­digen Wohnen tatsächlich brauchen.
Wenn Details im Wohnungsbau zu Hinder­nissen werden können:

Empathie mit der »Zielgruppe« macht das Zuhause lebenswerter

Bauprofis, welche für Menschen mit körper­lichen Einschrän­kungen bauen, haben oft eher einen abstrakten Bezug zum Thema. Umso essen­zi­eller ist es, ehrliche Empathie mit Menschen mit Beein­träch­ti­gungen zu haben und sie nach ihren Bedürf­nissen zu fragen. Wie gestaltet sich der Alltag bereits morgens beim Aufstehen? Endet der Tag beim Zubett­gehen? Was ist somit für ein barrie­re­freies Bauen entscheidend? Und wie sieht die Praxis 2021 im Wohnungsbau tatsächlich aus?

Was wichtig ist fürs Wohnen mit körperlichen Einschränkungen

Als Bauleiter bin ich mit den offizi­ellen Vorschriften für ein hinder­nis­freies Bauen bestens vertraut. Jedes kleinste Bau-Detail folgt Normen. Doch treffen sie das «echte Leben»? Gespräche mit Betrof­fenen der Para-WG zeigten, dass hier ein Missver­hältnis besteht. Die (Bau-)Wirklichkeit sieht «im richtigen Alltags­leben» anders aus. Ich habe mir selbst einen Eindruck von den Wohnungen gemacht und war tief bewegt, mit welchen Stolper­fallen die Bewohner aufgrund der körper­lichen Einschränkung umgehen müssen. Auch das bewog mich zu einer Sachspende für die WG, die hoffentlich den Bewohnern das Wohnen verschönert sowie vereinfacht.